Commerzbank Rohstoffradar
Informationen über aktuelle Preisschwankungen der wichtigsten Rohstoffe sowie Insights unseres Research Teams zu einem Rohstoff, der aktuell im Fokus steht.
Fokusrohstoff Öl, Zahlreiche Unwägbarkeiten am Ölmarkt
Trotz umfangreicher Produktionseinschränkungen der OPEC+ und geopolitischer Spannungen verlor der Brentölpreis im vergangenen Jahr 3 Prozent. Das Niveau von weniger als 75 USD je Barrel zum Jahresschluss war das niedrigste seit vier Jahren. Zudem schwächelt die Nachfrage insbesondere in China. Das wirkte sich auf die globale Ölnachfrage aus, die laut Prognose der IEA 2024 lediglich um 840 Tsd. Barrel pro Tag gestiegen sein dürfte. Im Jahr zuvor war der Anstieg noch mehr als doppelt so hoch. Weil die freiwilligen Produktionskürzungen einiger OPEC+-Länder letztlich nur ein Überangebot verhinderten, profitierte der Ölpreis davon nicht. Im Zuge des Nahostkonflikts kam es außerdem nicht zu nennenswerten Angebotsausfällen.
Mit Blick auf das neue Jahr zeichnet sich vor diesem Hintergrund ein Überangebot am Ölmarkt ab. Die weltweite Ölnachfrage dürfte laut IEA-Prognose zwar etwas stärker steigen als im vergangenen Jahr, das Ölangebot außerhalb der OPEC+ dürfte sogar noch stärker zulegen. Für die OPEC+ besteht somit kein Spielraum, die Produktion auszuweiten. Geplant ist bislang, die freiwilligen Produktionskürzungen ab April 2025 schrittweise zurückzunehmen. In diesem Fall droht am Ölmarkt eine Überversorgung mit entsprechendem Preisrückgang. Der OPEC+ dürfte daher nichts anderes übrig bleiben, als die Produktionserhöhung erneut zu verschieben. Dies würde für Erleichterung am Ölmarkt sorgen und eine leichte Preiserholung ermöglichen.
Als ein Risiko gilt der drohende Handelskonflikt zwischen den USA und China durch die vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Strafzölle. Sie könnten die Ölnachfrage in China weiter belasten. Trump hat auch die Möglichkeit, die Angebotsseite zu beeinflussen. Durch die Abschaffung von Umweltauflagen sowie Deregulierung dürfte die US-Ölproduktion stärker steigen. Vermutlich wird der Effekt aber erst 2026 eintreten. Im Gegenzug – und sogar schon früher – würde es zu Einschnitten beim Ölangebot kommen, wenn die US-Regierung die Ölsanktionen gegen den Iran und Venezuela verschärft oder die bestehenden Sanktionen wieder strikter durchsetzt. Falls die OPEC+ diesen sanktionsbedingten Wegfall des Ölangebots aus dem Iran und Venezuela nicht kompensiert, würde sich der Ölmarkt im Jahresverlauf einengen. Ein weiterer Risikofaktor bleibt der schwelende Konflikt zwischen dem Iran und Israel.
Der Ölmarkt dürfte die preisbelastenden Faktoren auf der Nachfrageseite bereits hinreichend im aktuellen Ölpreisniveau widerspiegeln, nicht jedoch mögliche Einschnitte beim Angebot. Wir erwarten darüber hinaus, dass die OPEC+ die derzeitige Ölproduktion bis Ende 2025 beibehalten, von der bislang noch geplanten Ausweitung des Angebots also Abstand nehmen wird. Daher rechnen wir mit einem leichten Preisanstieg bei Brent auf 80 USD je Barrel im Jahresverlauf. Dabei sind abhängig von der jeweiligen Nachrichtenlage beträchtliche Preisschwankungen vorstellbar.
Die Dieselnachfrage wird ebenfalls durch China gebremst. Nach einem Rückgang im vergangenen Jahr erwartet die IEA zwar eine leichte Erholung der Dieselnachfrage in diesem Jahr, doch sollte sie im Vergleich zum erwarteten Anstieg der gesamten Ölnachfrage nur unterproportional ausfallen. Die Lagerbestände von Mitteldestillaten in den OECD-Ländern befanden sich im Herbst 2024 laut IEA nur noch leicht unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. In den USA kam es Daten der US-Energiebehörde zufolge Ende 2024 zu einem deutlichen Lageraufbau. Der Dieselpreis dürfte sich 2025 weitgehend im Einklang mit dem Rohölpreis entwickeln, der Crack-Spread also – abgesehen von typischen saisonalen Schwankungen – keinen großen Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Wir erwarten einen leichten Anstieg des Dieselpreises auf 730 USD je Tonne bis Jahresende.
Quelle: Commerzbank Research 14.01.2025